Bowers & Wilkins 800 D4-Set (Test) (2024)

von Sebastian Essner amav-Test, Bluetooth-Speaker, Boxen-Set, Boxen-Sets, Tests

Traditionell pflanzt der englische Hersteller Bowers & Wilkins seiner 800er-Lautsprecherserie die Top-Technologie des Unternehmens ein. Das gilt auch für die aktuelle Evolutionsstufe D4, auf die wir gespannt waren.

Bowers & Wilkins 800 D4-Set (Test) (2)Schon mit ihrer ersten Version der 800er-Serie, namentlich der 801, die 1980 auf den Markt kam, setzte der in England ansässige Lautsprecher-Hersteller Bowers & Wilkins Maßstäbe. Bereits sie besaß komplett getrennte Gehäuse für Tieftonbereich, Mitteltöner und Hochton-Chassis und wurde mit höchstem Aufwand produziert. So kam beispielsweise für die Entwicklung der Frequenzweiche speziell dafür geschriebene Computersoftware zum Einsatz. Heutzutage ist das beinahe gang und gäbe, aber zur damaligen Zeit war das etwas wirklich Besonderes und mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden. Apropos Kosten, die von uns getestete 5.1-Kombination der 804 schlägt mit etwas über 50.000 Euro zu Buche – und dabei haben wir uns noch nicht einmal das Flaggschiff der neuen Baureihe gegönnt.

Doch zurück zur 801: Die wurde ein enormer Erfolg, weil sie sowohl bei Profi s im Studio als auch bei Hifi-Fans im Wohnzimmer großen Anklang fand. Noch heute sind weltweit etliche dieser Lautsprecher im Einsatz.

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Das Mittelton-Gehäuse stabilisiert der Hersteller mit fünf sternförmigen Streben. Dadurch bekam es den Spitznamen „Turbine Head“.

Diamant in der 4. Generation
Seitdem sind mehr als 40 Jahre vergangen, die Bowers & Wilkins natürlich nicht ungenutzt hat verstreichen lassen. Ganz im Gegenteil haben die Engländer die Forschung und Entwicklung über die Jahre noch deutlich verstärkt und waren immer wieder Vorreiter in der Nutzung neuer Messverfahren, Materialien und Fertigungsmethoden. Über die Jahre brachten sie regelmäßig neue Generationen der 801 – dann bald zur 800er-Serie erweitert – auf den Markt, die immer wieder Maßstäbe setzten.

Das gilt auch für die neueste Inkarnation namens D4. Wie an der Bezeichnung unschwer zu erkennen, handelt es sich um die vierte Generation, die Diamant als Membranmaterial für die Hochtonkalotten einsetzt. Das ist mittlerweile für B&W ein Markenzeichen und muss deshalb über die Serienbezeichnung hinaus nicht mehr betont werden.

Die Entwicklungsschwerpunkte lagen für die neue Inkarnation der 800er-Serie bei anderen Dingen, namentlich bei dem Erscheinungsbild: Die kräftig gewölbten Gehäuse aus vielschichtigem Birkensperrholz kennt man zwar schon von der Vorläufergeneration, sie wurde aber in vielen Details überarbeitet. So bestehen zum Beispiel Rückseite und Deckel aus stabilem Aluminium und nicht mehr aus Holz. Die gesamte Rückwand dient nun als Kühlkörper für die darauf montierte Frequenzweiche. Die Flowport genannten Bassreflexöffnungen aller Standboxen wurden im Gehäuseboden untergebracht, unter dem eine solide Aluminium-Sockelplatte mit entsprechenden Distanzstücken für sicheren Stand sorgt.

Ein weiteres Markenzeichen, das sich der britische Boxenbauer erarbeitet hat, ist die Bauweise mit getrennten, tropfenförmigen Gehäusen für die Mittel- und Hochtöner. Auch hier scheuen die Engländer keinen Aufwand und fertigen beide aus stabilem Aluminium. Der erheblich größere Mittelton-Tropfen erhielt zudem eine spezielle Innenversteifung mit fünf Streben und daraus resultierend den Spitznamen „Turbine Head“. Es wird mit elastischen Elementen schwingungstechnisch vom Bassgehäuse entkoppelt. Das Gleiche gilt für die Montage des Mitteltöners im „Turbine Head“, so dass Vibrationen von den Basschassis keine Chance haben, den Mittelton-Klang zu beeinträchtigen.

Der 17-Zentimeter-Treiber selbst kommt mit einer Schwingeinheit aus dem so genannten Continuum-Material, das bei Bowers & Wilkins das gelbe Kevlar abgelöst hat. Hatte dieses schon ein extrem kontrolliertes Schwingungsverhalten und verschwindend wenige Resonanzen, übertrifft das neue silberfarbene Textil material die ältere Technik hier nochmals deutlich. Woraus genau Continuum besteht, haben die Engländer bisher nicht enthüllen wollen, mehr als dass es sich um gewebte Polymerfasern handelt, möchten sie bis heute nicht verraten. Als Zentrierung verwenden die Engländer keine der üblichen, konzentrisch gefalteten Gewebe-Einheiten, sondern eine Eigenkonstruktion, die sie „Biomimetische Aufhängung“ nennen. Sie verbindet Schwingspulen-Hals und Korb mit sechs dünnen, aber stabilen Streifen und hält die Schwingeinheit so auf geradem Kurs. Damit reduziert sich die Fläche der Zentrierung – und störende Schallabstrahlung – drastisch.

Eine solche Aufhängung ist bei einem Mitteltöner mit seinem vergleichsweise geringen Maximalhub von wenig mehr als einem Millimeter gangbar und vorteilhaft, bei Tieftönern mit ihren wesentlich größeren Hüben ist sie nicht einsetzbar.

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Als Rückwand bauen die Engländer ein massives Stück Aluprofil in die Boxen der 800 D4-Serie ein.

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Statt einer herkömmlichen Textil-Zentriereinheit (oben) setzt Bowers & Wilkins für die Mitteltöner eine so genannte Biomimetische Aufhängung (ganz oben) ein.

Der englische Lautsprecher-Hersteller Bowers & Wilkins wurde 1966 von John Bowers (Bild) und Peter Hayward in Worthing an der englischen Südküste unter dem Namen B&W Electronics gegründet und gehört somit zum Urgestein der Hifi-, Heimkino- und Studio-Branche. Bis ins neue Jahrtausend hinein konnte das Unternehmen mit hochwertigen, marktgerechten Produkten überzeugen und unabhänging bleiben.

Im Jahr 2016 wurde der Hersteller vom amerikanischen Startup-Unternehmen EVA Automation übernommen. Damit begann eine Folge von Übernahmen, denn 2020 kaufte die kalifornische Firma Sound United den britischen Boxenbauer und fügte ihn seinem mittlerweile stattlichen Portfolio (u.a. die Receiver-Schwergewichte Denon & Marantz) hinzu.

Im April diesen Jahres schluckte der Medizintechnik-Konzern Masimo, ebenfalls in Kalifornien ansässig, dann Sound United und versucht offenbar auf diese Art, seine Geschäfte zu diversifizieren. Steht zu hoffen, dass die Auswirkungen der Übernahme für Bowers & Wilkins – und für die anderen Marken von Sound United – gering bleiben.

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Zweitgrößte Standbox
Das gilt auch für die jeweils zwei Basstreiber mit jeweils 20 Zentimeter Durchmesser, die die Entwickler den Testset-Boxen 802 D4, den zweitgrößten und je 14.000 Euro teuren Standlautsprechern der 800 D4-Serie, mitgegeben haben. Sie sitzen übereinander auf zwei kurzen, im Durchmesser passenden Holzzylindern, die in die gewölbten Fronten der Boxen eingearbeitet sind. Als Material für die Membranen setzt B&W Aerofoil ein; hierbei handelt es sich um einen besonders leichten und feinen synthetischen Schaum, der in den winzigen Hohlkugeln eines Grundmaterials (auch hier schweigt sich der Hersteller aus) eingearbeitet wird.

Auch der Center HTM81 D4 ist mit zwei dieser Tieftöner ausgerüstet. Bei ihm ist der Mitteltöner nicht mit einem externen Gehäuse versehen, sondern wurde mit einem eigenen Aluminium-Volumen versehen und in die Boxenfront integriert. Der Hochtöner sitzt dann wieder in seinem eigenen, aus dem vollen Alu gefrästen Tropfengehäuse obenauf. Das gilt im gleichen Maße für die Surroundboxen 805 D4. Der 17-Zentimeter-Tieftöner dieser Zweiweg-Konstruktion bringt eine Continuum-Membran mit.

Für die tiefsten Frequenzen sorgen zwei DB3, bei denen in den Seiten links und rechts je ein Aerofoil-Treiber untergebracht ist. Die Chassis werden gleichphasig angesteuert, arbeiten also impulskompensiert. Auch bei kräftigster Membranauslenkung bewegt sich das Gehäuse dadurch um keinen Millimeter, da sich die Masseimpulse der Schwingeinheiten vollständig ausgleichen. Der 1.000-Watt-Schaltverstärker ist beim DB3 im Gehäuseboden untergebracht und bleibt somit im Betrieb unsichtbar. Bedienelemente gibt es außer einem Ein-Aus-Taster vorn keine, sämtliche Einstellungen inklusive einer sauber funktionierenden Raumeinmessung erfolgen über die Smartphone App DBSubwoofers.

Tonqualität Surround
Angesichts der kompakten Abmessungen der beiden Subs (36 Höhe x 32 Breite x 30 cm Tiefe) ist ihre untere Grenzfrequenz von 17 Hertz mehr als erstaunlich, genauso wie ihr Maximalpegel von 101 Dezibel, der sich dank Einsatz zweier Subs zu 107 Dezibel summiert.

Nicht gerade vorbildlich, in dieser Preisklasse aber entschuldbar, sind die mit 2,9 und 2,7 Ohm recht niedrigen Minimalimpedanzen von Front- und Centerboxen. Standesgemäßen Verstärkern mit ordentlichen Stromreserven bereitet das keine Probleme, preiswerte Heimkino-Receiver, denen diese Last zu viel werden könnte, kommen in diesen Preisregionen eher nicht zum Einsatz.

Die Frequenzgänge des 800 D4-Sets verlaufen etwas unruhig, was aber keine Rückschlüsse auf die Klangqualität zulässt. Sehr sauber und nur mit minimalen Einbrüchen im Mitteltonbereich unter großen Winkeln verläuft das Rundstrahldiagramm des Centers, das dank ähnlicher Bauweise auch durchaus positive Schlüsse auf das Abstrahlverhalten der Frontboxen zulässt.

Diamant für den Lautsprecherbau

Diamant als Membranmaterial erscheint zunächst seltsam, werden Diamanten in der öffentlichen Wahrnehmung doch als seltener Rohstoff hauptsächlich mit teurem Schmuck in Verbindung gebracht und nicht mit Lautsprechern. Doch die Wahrheit ist etwas differenzierter, denn mittlerweile wird ein Vielfaches der per Schürfen gefundenen natürlichen Diamanten künstlich hergestellt – und dann unter anderem für den Lautsprecherbau genutzt. Denn Diamant ist durch seine besonderen physikalischen Eigenschaften, namentlich seine Härte, die Steifigkeit, sein geringes Gewicht und die sehr gute Wärme-Leitfähigkeit, unter anderem optimal für eine Hochton-Schwingeinheit geeignet.

Das Problem dabei war lange Zeit, dieses spezielle Kohlenstoffkristall in die geeignete Kalottenform zu bringen. Den Durchbruch erzielte die englische Firma Element Six, die mit CVD (Chemical Vapour Deposit, Chemische Dampf-Abscheidung) ein Verfahren entwickelte, mit dem man flächige Objekte aus Diamantkristallen in fast beliebige Formen bringen kann. Es erfordert Temperaturen bis zu 3.000 Grad Celsius, die Kohlenstoff in den Plasma-Aggregatzustand bringen. Selbst mit diesem Verfahren dauert es immer noch einige Tage, bis sich der Kohlenstoff in genügender Dicke als Diamant auf dem Substrat abgeschieden hat, um eine brauchbare Hochtonkalotte zu formen.

Das Ergebnis rechtfertigt aber diesen Aufwand uneingeschränkt: Mit einer ersten Resonanz bei 70 Kilohertz stellt die B&W-Kalotte den Traum eines jeden Lautsprecher-Entwicklers dar. Sie arbeitet bis weit jenseits des menschlichen Hörbereichs, der bei 20 Kilohertz endet, wie ein idealer Kolben ohne jegliche Verformung und somit ohne Verzerrungen und Frequenzgang-Unregelmäßigkeiten.

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Mit Hilfe des Hochtemperaturverfahrens CVD lässt Bowers & Wilkins Kohlenstoff in Diamant-Form auf ein kalottenförmiges Substrat kristallisieren.

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In unserer Test-Kombination war der 3.000 Euro teure Subwoofer DB3D in doppelter Ausführung für die tiefen Töne verantwortlich. Wer nur Platz für einen Subwoofer hat, kann zum kräftigeren DB2D oder dem 5.000 Euro teuren Flaggschiff DB1D greifen.

Natürlich waren bei einem Lautsprecherset für über 50.000 Euro die Erwartungen der Tester an die Klangqualität sehr hoch. Völlig zu Recht, wie sich schon nach kurzer Zeit im Hörtest herausstellte: So sauber und fein aufgelöst, dabei zupackend und temperamentvoll hat ein Lautsprecherset nur ganz selten in unserem Hörraum aufgespielt. Die Engländer glänzen zudem durch eine höchst realistische Stimmwiedergabe, die auch Mikrofon-Defizite wie die leichte Präsenzanhebung bei Jane Monheit in Ihrem Stück „They Can´t Take That Away From Me“ sauber herausarbeitet, ohne dabei aber unangenehm analytisch zu werden. Das Unperfekte gehört hier einfach zur Aufnahme dazu und macht einen Teil ihres Charakters aus. Einmal mehr ein echter Genuss ist Aaron Coplands „Appalachian Spring“ von der San Francisco Symphony, jedes Instrument kommt glasklar und steht unverrückbar an seinem Platz, die Emotionen des Stücks gehen geradewegs in Bauch und Herz. Und das Ganze mit einer Leichtigkeit und Mühelosigkeit, die das Hören nie zur Arbeit, aber immer zum Genuss werden lässt. Das gilt insbesondere für Omar Hakims „Listen Up“, das das Set aus England mit absoluter Präzision und faszinierender räumlicher Darstellung zum Besten gibt, dabei auch die dynamische Wucht, mit der die Band hier ihre Instrumente bearbeitet, ganz besonders deutlich macht.

Für sensible High-End-Fans fast ein Sakrileg, aber: Natürlich haben wir die überzeugende Wiedergabe von anspruchsvollen Filmen nicht vergessen. Das, was das B&W-Set beispielsweise bei „Terminator – die Erlösung“ aus dem Soundtrack herausholt, muss man gehört haben, um es wirklich zu glauben: Auch bei höchsten Pegeln und wahnwitzigsten Bassschlägen behält das Set stets die Übersicht und zaubert selbst dann noch ungeahnte Details aus den Tonspuren. Das macht Riesenspaß und lässt einen eine Menge sattsam bekannter Filme neu erleben.

Tonqualität Stereo
Dass die Lautsprecher von B&W auch im Studio gern als Abhöre für Stereo-Aufnahmen eingesetzt werden, glaubt man sofort, sobald eine CD im Player rotiert: So selbstverständlich und unmittelbar, mit präziser und weit nach hinten reichender Räumlichkeit und dabei auch noch sehr verfärbungsarm haben bisher nur ganz wenige Lautsprecher im Audiovision-Hörraum performt. Hier kommen einfach keine Fragen mehr auf, hier ist einfach Musikgenuss angesagt.

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Der Testbericht Bowers & Wilkins 800 D4-Set (Gesamtwertung: 97, Preis/UVP: 51.000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 1-2023 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

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AV-Fazit

97 Sehr gut

Besser geht es kaum: Dank hochwertigster Technik liefert dieses 800 D4-Set bei Filmen wie Musik Klangqualität auf Referenz-Niveau – und sieht obendrein verdammt schick aus. Mit gut 50.000 Euro ist diese einzigartige Performance allerdings nicht ganz billig.

Michael Nothnagel

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    Author: Prof. An Powlowski

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